Hunde sind oft wie kleine Kinder – einerseits ist diese Unbeschwertheit schön, andererseits kann sie Hund und Halter schnell zum Verhängnis werden. Ungezügeltes Losrennen ist schon so manchem Hund zum Verhängnis geworden. Besser ist es da, man gewöhnt den Hund bereits frühzeitig daran, seinen spontanen Aktionismus etwas zu bremsen. Aber auch bei älteren Hunden gelingt dies mit etwas Training und Geduld noch recht mühelos.
Welche Vorteile bringt Ihnen das Training der Impulskontrolle?
- der Hund bleibt in schwierigen Situationen steuerbar,
- Sie können unerwünschtes Verhalten verhindern bzw. beenden,
- Verbesserung der Leinenführigkeit z.B. bei Hundebegegnungen,
- bessere Kontrollierbarkeit,
- Antijagdtraining
- …
Diese Liste ließe sich noch mit vielen weiteren Punkten ergänzen. Ein Hund, der seine spontanen Impulse gut kontrollieren kann, ist i.d.R. auch ein idealer und folgsamer Wegbegleiter.
Beispiele aus dem Leben – oder Impulskontrolle in der Praxis
Beispiel – „Antijagd in Perfektion“
Sie gehen mit ihrem Hund auf einem Weg im Stadtpark spazieren, plötzlich schreckt links neben ihnen ein Kaninchen auf. ihr Hund sieht es im selben Moment wie sie und schaut sie fragend an. Sie loben ihn, packen ein Leckerli aus ihrer Tasche und gehen weiter des Weges.
Beispiel – „Hundebegegnung ganz entspannt“
Gemeinsam auf der täglichen Gassirunde – Sie und ihr Hund im Freilauf. Ihr Weg führt über eine große Wiese weiter auf einen angrenzenden Weg. Sie befinden sich mitten auf der Wiese, von der anderen Seite der Wiese nähert sich aus großer Entfernung eine Person mit Hund an der Leine. Ihr Hund läuft einige Schritte vor ihnen – die Person mit Hund weckt sein Interesse. Ihr Hund schaut Sie an – Sie rufen „Steh“. Ihr Hund steht. Die Person mit Hund geht in einiger Entfernung an ihnen vorüber. Sie geben ihren Hund wieder frei.
Beispiel – „Misslungene Dummyprüfung“
Ihr Hund ist hochgradig geladen und kaum noch zu halten. Wenn Sie einen Dummy werfen, springt er aus dem Sitz hoch und geht ab wie eine Rakete und ist schneller an der Fallstelle des Dummys als der Dummy selbst ;-). Den zweiten Dummy, welchen Sie danach geworfen haben, und welchen er eigentlich bringen sollte, hat er natürlich bei seiner Action glatt übersehen.
An den ersten beiden Beispielen sieht man, was man mit Impulskontrolltraining beim Hund erreichen kann. Das letzte Beispiel zeigt, dass dieser Hund noch entsprechende Schwächen hat.
Ein paar Tipps zum Training der Impulskontrolle beim Hund
Alle unter euch, die jetzt denken, sie müssen mit ihrem Hund in die Natur fahren und warten, bis das erste Reh auf die Lichtung vor ihnen schleicht, um ihrem Hund ein lautes „Nein“ entgegen zu brüllen, können wir beruhigen. Impulskontrolle zu erlernen, geht anders besser!
Hier ein paar goldene Regeln…
Belohnen Sie den Blickkontakt ihres Hundes zu ihnen in Situationen, wo dies von ihnen gewünscht ist. Ein kurzer Blick des Hundes beim Verlassen des Hauses, beim Betreten der Straße, beim Laufen im Wald. Je mehr ihr Hund sie anschaut, umso leichter ist er abrufbar und beschäftigt sich nicht mit anderen Dingen.
Sie bestimmen, wann was „abgeht“. Ihr Hund freut sich tierisch auf den Spaziergang mit ihnen. Er rennt zur Tür. Sie gehen langsam hinter ihm her und warten an der Tür neben ihm. Die Tür bleibt zu. Ihr Hund schaut Sie an - Leckerli und Belobigung. Sie warten. Ihr Hund setzt sich - Leckerli+ Belobigung. Nun öffnen Sie die Tür. Ihr springt auf und will los. Sie stehen. Ihr Hund setzt sich - Leckerli + Belobigung. Sie stehen. Ihr Hund schaut Sie an – Belobigung – sie gehen mit ihm. Dieses Spiel können sie in vielen Alltagssituationen einbauen. Werden sie immer ruhiger, je aufgeregter ihr Hund wird. Gehen sie in kleinen Schritten vor. Und dehnen sie die Übung nicht zu lange aus. Einige Sekunden für den Anfang bis zu einigen Minuten für Profis.
Diese Übung lässt sich bei vielen unserer Alltagsgewohnheiten einbinden, hier einige Beispiele…
- beim Füttern
- beim Ableinen
- beim Verlassen und Betreten des Hauses
- beim Öffnen der Terrassentür zur morgendlichen Gartenrunde
- beim Begrüßen von Bekannten
- beim Geben einer leckeren Belohnung
- beim Verlassen des Autos
Antijagdtraining – gehetzt wird später. Ein hervorragendes, und sicher auch den meisten Besitzern von Jagdhunden bekanntes, Mittel ist das Training der Impulskontrolle mit der Reizangel. Hierbei wird dem Hund ein am Ende eines Stockes befindliches Teil (z.B. Fellstück, Federn, Spielzeug) schmackhaft gemacht. Sie stellen sich dann in einigen Metern Entfernung vor ihrem Hund auf. Ihr Hund sollte noch sitzen. Auf ein Zeichen oder einen leisen Ruf von ihnen lassen sie den Hund einige Schritte langsam auf sich zu kommen. Verliert ihr Hund die Kontrolle und hetzt dem Ding an der Angel unkontrolliert nach ziehen sie es weg und sofort ein. Ihr Hund bekommt das Ding an der Angel nur, wenn er zuvor alles richtig gemacht hat und sich diesem ganz langsam und ohne hetzten nähert. Fortgeschrittene können den Hund auf dem Weg zum begehrten Ding mehrmals stoppen und mit kleinen Gesten zum Verlangsamen veranlassen, bis der Hund von selbst einige Zentimeter davor stehen bleibt. Dann geben sie den Hund frei, er bekommt das Ding und er kann damit toben – oder sie rufen den Hund zurück und belohnen ihn auf diese Weise. Auch kann man den Hund nach Freigabe kurz nach dem Ding an der Angel hetzen lassen, ohne dass er dieses bekommt. Der Hund lernt so sehr schnell, dass er nur mit ihnen gemeinsam zum Ziel kommt und ein hetzen allein nicht zum Erfolg führt. Außerdem lernt er langfristig diesen kurzen Impuls des „Durchstartens“ besser zu kontrollieren und bleibt auch in brenzligen Situationen ansprechbar.
Probieren Sie es aus und Sie werden überrascht sein, wie schnell sie Fortschritte mit ihrem Hund selbst in schwierigen Situationen machen. Trainieren Sie in kurzen Einheiten Sekunden, Minuten und bauen sie die Übungen in ihren Alltag ein.
Viel Spaß dabei!
(Fotos zeigen unseren Vizsla Rüden Josch beim Training mit uns.)
Leckerei bei wirklich jeder Aktion - WARUM?
Warum, in drei Gottes Namen, muss ich dem Hund bei jeder gelungenen Aktion ein Leckerli geben??? Unsere Hündin hört aufs Wort, ohne jemals eine fressbare Belohnung erhalten zu haben. Mich erinnert das an die vielen adipösen Kinder, die stets über Essen Belohnung erfahren. Unser Nachbarshund dreht durch, wenn er mal kein Leckerli erhält. Ist das etwa die richtige Erziehung???
Leckerli oder nicht?
@Heiner
Selbstverständlich muss man nicht seinen Hund ständig mit Leckerlis "zustopfen", insoweit geben wir dir recht. Jeder sollte hier selbst entscheiden, was für seinen Hund als Belohnung ausreicht. Einem Hund reicht die verbale Belobigung, dem anderen ein kurzen Spiel, eine Streicheleinheit, und bei wieder einem anderen Hund muss es halt etwas fressbares als Motivationsturbo sein. Hat der Hund verstanden, was man von ihm erwartet, dann dünnt man die Leckerchen (bzw. Belohnungen) aus bis diese ganz wegfallen. Eine Belohnung/Belobigung gibt es prinzpiell für Sachen welche erlernt bzw. gefestigt werden müssen. So war das gedacht.